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25. – 26. April 2011

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Am 26. April 1986 kam es im Kernkraftwerk Tschernobyl nahe der Stadt Prypjat, Ukrainische Sowjetrepublik, als Folge einer Kernschmelze und Explosion im Kernreaktor Tschernobyl Block 4 zum Super-GAU von Tschernobyl. Sie gilt als die schwerste nukleare Havarie und als eine der schlimmsten Umweltkatastrophen aller Zeiten. Auf der INES-Skala wurde sie als bisher einziges Ereignis mit dem Höchstwert 7 (katastrophaler Unfall) eingestuft.

Grundlegende Mängel in der Konstruktion des Reaktors sowie Planungs- und Bedienungsfehler bei einem Versuch schaukelten sich auf und bewirkten einen Super-GAU. Große Mengen an radioaktivem Material wurden in die Luft geschleudert und verteilten sich hauptsächlich über die Region nordöstlich von Tschernobyl, aber auch über viele Regionen Europas. Der Unfall führte bei einer nicht genau bekannten Zahl von Menschen zum Tod. Bei vielen Erkrankungen wird die Strahlung als mögliche Ursache angesehen. Dazu kommen psychische, soziale, ökologische und ökonomische Schäden. Über die zu erwartenden Langzeitfolgen besteht seit Jahren ein Streit auch unter Wissenschaftlern.

Nach der Katastrophe hatten hunderttausende Helfer, so genannte Liquidatoren, einen Sarkophag – einen provisorischen Betonmantel – um den explodierten Reaktor errichtet. Dieser ist inzwischen an vielen Stellen gerissen und droht einzustürzen. Mit ausländischer Finanzhilfe soll deshalb in den kommenden Jahren eine neue Schutzhülle gebaut werden.

Bekannt ist die Katastrophe unter dem russischen Namen der Nachbarstadt Tschernobyl, da Russisch zum Zeitpunkt der Katastrophe Hauptamtssprache war. Der heute amtliche ukrainische Name der Stadt lautet Tschornobyl. Vereinzelt werden auch die englischen Transkriptionen Chernobyl bzw. Chornobyl verwendet.

Die Katastrophe - Ursachen

Die Katastrophe ereignete sich bei der Durchführung eines Versuchs unter Leitung des stellvertretenden Chefingenieurs Anatoli Stepanowitsch Djatlow, der den Nachweis einer ausreichenden Stromversorgung nach einer Reaktorabschaltung bei gleichzeitig unterstelltem Totalausfall der Versorgung durch das äußere Stromnetz hätte erbringen sollen (Simulation eines totalen Stromausfalls). Als Hauptursachen für die Katastrophe gelten schwerwiegende Verstöße gegen geltende Sicherheitsvorschriften während des Versuches durch die Operatoren sowie die bauartbedingten Eigenschaften des mit Graphit moderierten Kernreaktors vom Typ RBMK-1000 und dessen Betrieb in einem unzulässig niedrigen Leistungsbereich.[1] Kennzeichnend für diesen Reaktortyp unter dieser Voraussetzung ist ein stark positiver Void-Koeffizient – die Verringerung der Neutronenabsorption des Kühlwassers infolge von Dampfblasenbildung (Dichteänderung) bei Leistungssteigerung. Ein hoher Void-Koeffizient wurde gleichzeitig durch den fortgeschrittenen Abbrand des Kernbrennstoffes begünstigt. Weiterhin war die betriebliche Reaktivitätsreserve (minimal erforderliche Reaktivitätsbindung durch hinreichend in den Reaktor eingefahrene Steuerstäbe) nicht in das automatische Reaktorsicherheitssystem eingebunden, sondern lediglich ein Minimalwert in den Betriebsvorschriften vorgegeben. Dieser Minimalwert war bereits Stunden vor Beginn des Versuchs unterschritten, der Reaktor hätte abgeschaltet werden müssen. Außerdem hatte die Betriebsmannschaft Sicherheitssysteme abgeschaltet, um im Bedarfsfall den Versuch wiederholen zu können. Die automatisch arbeitenden Sicherheitssysteme hätten das ansonsten planmäßig verhindert; wie weit sie – im eingeschalteten Zustand – bei den gegebenen ungeplanten Randbedingungen des Versuchs auch dessen Erstdurchführung oder zumindest den Eintritt einer Katastrophe bei Durchführung verhindert hätten, ist umstritten.

Die endgültige Auslösung der explosionsartigen Leistungsexkursion war wahrscheinlich auf eine weitere konstruktive Besonderheit des Regelstabsystems zurückzuführen: Ein Großteil der Steuerstäbe hat an ihrem unteren Ende Graphitspitzen, die beim Einfahren aus der oberen Endlage zunächst eine positive Reaktivitätszufuhr (Leistungssteigerung) in Höhe eines halben Betas bewirken, eine Leistungsminderung ergibt sich erst bei größerer Einfahrtiefe.

Als der Schichtleiter Aleksandr Akimow schließlich die Reaktorschnellabschaltung auslöste, ist genau dieser Effekt eingetreten: Viele Stäbe fuhren gleichzeitig ein und führten dadurch dem Reaktor mehr Reaktivität zu. Dieser wurde prompt überkritisch, das heißt die Kettenreaktion der Kernspaltungen lief auch ohne verzögerte Neutronen von allein weiter und war daher nicht mehr regelbar. Die Leistung stieg so innerhalb von Sekundenbruchteilen auf ein Vielfaches (vermutlich etwa auf das Hundertfache) der Nennleistung an.

Eine weitere Schwäche des RBMK war ein fehlender Sicherheitsbehälter (Containment), auch wenn unklar ist, ob dieser den Explosionen standgehalten hätte.

Umstritten ist auch der tatsächliche Anteil von Fehlentscheidungen des Kraftwerkpersonals am Zustandekommen des Unglücks. Dass Betriebsvorschriften verletzt wurden, ist Tatsache – in welchem Umfang sie dem Personal bekannt waren, ist fraglich. Unerfahrenheit und unzureichende Kenntnisse, insbesondere im Zusammenhang mit der Leistungsanhebung des (mit Xenon vergifteten) Reaktors werden angeführt. Da beim Versuch ein neuartiger Spannungsregler getestet werden sollte, bildeten Elektrotechniker einen Großteil des anwesenden Personals.

Getreu der Geheimhaltungspolitik wurden wie bei früheren Störfällen in den Kernkraftwerken Ignalina und Leningrad weder sorgfältige Untersuchungen angestellt noch das Personal in den übrigen Kraftwerken mit wichtigen Informationen versorgt.

Wesentlich zum Zustandekommen des Unfalls beigetragen hat die Verschiebung des Versuchs um rund einen halben Tag. Die lange Haltezeit auf Teillast führte zu einer Anreicherung des Reaktors mit neutronenabsorbierendem Xenon-135. Dadurch wurde das neutronenphysikalische Verhalten des Reaktors wesentlich komplexer und unübersichtlicher. Weiterhin war zum Zeitpunkt des Versuchs ein anderes Schichtpersonal anwesend, als ursprünglich geplant war

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